"....Bildende Künstlerinnen und Künstler schaffen gesellschaftlichen Diskurs. Dabei setzen sie sich mit den vielschichtigen Themen einer komplexen Gesellschaft auseinander. Im künstlerischen Kontext können sensible Inhalte sichtbar gemacht werden, die Menschen unterschiedlich berühren und vertreten. Unter der Überschrift „Mitbringen. Mitnehmen“ lassen sich Positionen versammeln, die diese Komplexität zulassen: Was habe ich mitgenommen, was habe ich mitgebracht? Was bedeutet Austausch? Wie wird in unserer Gesellschaft verhandelt, wer oder was integriert wird und was nicht? Mit wem tausche ich mich aus? Wem möchte ich meine Kunstwerke vorstellen?...." Zitat aus dem Ausschreibungstext des BBK München/obb
Ich habe die 3-teilige Arbeit (Foto, Bild, Text) "Japan und die spuren der Zeit" eingereicht.
sie ist vom 7.12. 2024 bis zum 11.1.2025 Gemeinsam mit vielen anderen Positionen in der Galerie der Künstler in der ausstellung Mitbringen.Mitnehmen zu sehen.
TEIL 1. Karin am Strand in Japan, Chiba-Ken im Januar 1984
Fotograf: Ludwig Mayr - OrginalFarbabzug von 1984
Teil2: Holzkasten, bemalt mit weißem Kreidegrund, Transparentpapier mit beschrieben mit Bleistift 20cm x20 cm
Japan und die Spuren der Zeit
Die beiden ausgewählten Arbeiten reflektieren, wie Erinnerungen und Erlebnisse in andere Kontexte mitgenommen und transformiert werden. Ein Foto aus dem Januar 1984 zeigt mich an einem Strand in Japan – ein Moment, der äußerlich nicht mehr auf seinen spezifischen Ort verweist, aber innerlich eine lebenslange Spur hinterlassen hat. Japan war für mich nicht nur ein Land, das ich besucht habe, sondern eine prägende Erfahrung, die mein künstlerisches Schaffen und meinen Blick auf die Welt nachhaltig beeinflusst hat.
Dieses Foto steht für den Blick eines anderen – des Fotografen – auf meine Präsenz in einem fremden Kontext. In meiner Arbeit habe ich diesen Ursprung jedoch abstrahiert: Die konkreten Linien und Räume des Fotos werden in meinen Werken zu dichten Geflechten aus Punkten, Strichen und überlagerten Ebenen. Das Erinnerungsbild wird zu einem Gespinst aus Zeit und Raum – eine Notation der Bewegung und Veränderung, die zugleich das Vergängliche und das Bleibende sichtbar macht.
Die zweite Arbeit knüpft unmittelbar an diese Erfahrung an: ein Holzkasten, bemalt und ergänzt durch ein Gedicht aus dem „Taketori-Monogatari“, einem japanischen Klassiker, der die Erzählung von Kaguyahime, der Mondprinzessin, aufgreift. Kaguyahime lehnt im Gedicht die Werbung des Kaisers ab und verweist auf das, was für sie jenseits von Macht und Besitz von Bedeutung ist. Der Text, auf Transparentpapier geschrieben, schwebt in der Mitte des Kastens – eine Metapher für das Fragile, das Schwebende, das sich nicht festhalten lässt und dennoch tief prägt.
Diese Arbeiten erzählen von Mitgebrachtem: den Erinnerungen und Erfahrungen aus meiner Zeit in Japan. Sie erzählen aber auch von Mitgenommenem: dem Blick anderer auf mich, den Geschichten und künstlerischen Impulsen, die meine eigene Arbeit seither durchziehen. Sie zeigen, wie ein Austausch über Zeit und Kultur hinweg nicht nur Spuren hinterlässt, sondern selbst zu einem Gewebe wird – ein Geflecht aus Verbindungen, die immer weiterwirken, auch wenn sie nicht mehr konkret sichtbar sind.
Die Ausstellung lädt dazu ein, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen: Was nehmen wir mit? Was bringen wir mit? In meinen Arbeiten steht dieser Austausch nicht nur für geografische oder kulturelle Übergänge, sondern für die fortwährende Bewegung zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen dem Eigenen und dem Anderen.
Karin Fröhlich, 30. November 2024
Teil 3: Text auf weißem Papier, dunkelgraue Schrift, DIN A4, 2024
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